Friedensdienst von Franzi Roider 1996 - 1998

 

Vorbereitung:

Die Vorbereitung für den Auslandsaufenthalt wurde bei den Steyler Missionaren in München begonnen, nachdem ich mich entschloß, den Zivildienst in Form eines Friedensdienst abzuleisten.

In den Vorbereitungswochenenden wurde viel über Inkulturation, Verhaltensweisen während der ersten Monate und Problemsituationen gesprochen, die andere, zurückgekehrte Missionare auf Zeit (MaZ) berichteten.

In den Jahren 95 und 96 bereiteten sich 50 sogenannte MaZ´ler, darunter 30 Friedensdienst`ler darauf vor, in ein fremdes Land zu gehen; mitzuleben, mitzuarbeiten, mitzulernen, mit zu sein .

Im Sommer 1996 wurden wir also entsandt und meine Reise nach Brasilien begann am 14.10.1996, nachdem ich mich Monate lang mit den Behörden wegen Impfungen Visum auseinander gesetzt habe. Außerdem befand ich es für sehr wichtig mich in Form von VHS- Sprachkursen bestmöglich auf das Land vorzubereiten.

Die Vorbereitung hörte auch in Brasilien nicht auf, denn meine Portugisischkenntnisse waren wahrlich noch nicht ausreichend. Ich machte noch einen Intensiv- Sprachkurs in Salvador da Bahia, wohnte dazu bei 2 Studenten, die kein Wort Deutsch sprachen und so hörte ich 24 Std. am Tag Portugisisch , was meinen Sprachschatz enorm ansteigen ließ.

 

Reise:

Am 20.12.1996 kam ich nun an meinen Einsatzort Uirauna, der ca 750 km im Landesinneren des Staates Paraiba`s liegt.
In den ersten 5 Wochen arbeitete ich in einem Kloster, daß ein Altersheim beinhaltete. Hier durfte ich viele Erfahrungen machen; Weihnachten, Neujahr und Wäsche mit der Hand waschen sind nur wenige davon. Am meisten prägte mich die Arbeit mit den alten Menschen. Ihre Zuneigung und Vertrautheit aber auch mit welcher Sensibilität sie auf meinen Dialekt eingingen. Mir ist das Kloster seither ans Herz gewachsen.

Von Februar bis Juli 1997 besuchte ich verschiedene Gemeinden, lernte dort die Verantwortlichen verschiedener Projekte kennen und beteiligte mich an den Gemeindegeschehen. In den Gemeinden durfte ich die Freundlichkeit, Aufnahmebereitschaft und Herzlichkeit des mir vorher als "armes Volk" bekannt, kennenlernen. Sie nahmen mich überall mit hin, zeigten mir die entlegensten Plätze und ließen mich an deren Leben teilhaben, nahmen sich Zeit. Mit meinem Interesse an Sprache, Kultur und Zusammenarbeit unterstrich ich unser Zusammenleben und fand viele Freunde.

Für die Familien war es eine Ehre , einen Deutschen ?nicht Francis- beherbergen zu dürfen, was mich sehr traurig stimmte. Überhaupt war ich nicht Francis, sondern repräsentierte einen Deutschen. Alles was ich machte wurde verallgemeinert und auf alle Deutschen abgewälzt. Ich durfte nicht ich sein, ich vertrat die Deutschen und mußte einige male zurückstecken, durfte mir nichts außerordentliches erlauben.

Dies war für mich Inkulturation, die Menschen dort annehmen, trotz alledem mit ihnen leben wollen, denn diese Grundeinstellung läßt sich nicht mit Gegenwehr und schon gar nicht mit aggressivem Handeln ändern.

Die Sprache rückte an den höchsten Stellenwert, denn nun konnte ich mich mit jeden unterhalten, verschiedene Problemsituationen besser erläutern, mich bei Beschuldigungen rechtfertigen, jemanden meine Gedanken und Probleme anvertrauen. Dies alles sind überlebenswichtige Vorgänge, ohne die man zugrunde geht . 6 Monate konnte ich kaum oder nur teilweise über Dinge, die mir wichtig waren sprechen, nun gehe ich an alles ohne Sprachangst heran, lache, tanze, lerne noch viel mehr. Diskussionen werden tiefgreifender, Freundschaften intensiver.

Im laufe dieser Zeit lernte ich auch  viele Projekte kennen und arbeitete nun intensiver mit Personen zusammen, die meine Hilfe gerne in Anspruch nahmen.

Solarkocher

Die Solarkocherfabrik gibt es seit 1995 und wurde von einer Jugendgruppe aus Fridolfing mit Hilfe von Spendengeldern aufgebaut um einige Arbeitsplätze zu sichern und um die Lebenssituation armer Familien zu verbessern. In Brasilien gibt es viele Status Symbole, die aber das Leben der Familien nicht vereinfachen. Von Fernseher und Parabolantenne bis zum Gasofen. Leider muß daraufhin auf vieles wichtigere verzichtet werden, z. B. auf Stühle und Tische, Betten und Gasflaschen. Mit diesen Projekt wollen wir gemeinsam mit den Einheimischen versuchen, die Gesellschaft von den Status Symbolen hin zu Alternativen Produkte umzuleiten.


Ich durfte mich wieder als Lastwagenfahrer beweisen und wir fuhren viele Städte im "nahen Umkreis" (bis 400 km) an um unsere Solarkocher zum besten zu geben. Zwei bis drei Standorte wurden in der jeweiligen Stadt ausgewählt die jeweils von einem Mitarbeiter betreut wurde. Ich nahm Anfangs zusammen mit einem Mitarbeiter daran teil um mir einzelne Bestandteile des Solarkochers anzueignen, später übernahm ich selbst einen eigenen Standort, forderte die Leute auf, Lebensmittel fürs Mittagessen zu bringen um diese hier vor allen Bewunderern zuzubereiten um durch Veranschaulichung die Menschen zuvon zu überzeugen, das der Solarkocher funktionierte. Die Reaktionen der Einheimischen waren sehr unterschiedlich, viele stellten interessiert Fragen, andere waren von Anfang an Sprachlos, alle bewunderten die Erfindung, mancher suchte sogar die Steckdose, andere ergötzten sich nur an meiner Sprache. Es machte mir viel Spaß mit den Leuten zu sprechen, deren Fragen zu gut wie möglich zu beantworten was auch wieder zu einem besseren Wortverständnis beiderseits führte. In den 2 Jahren meiner Anwesenheit fuhren wir immer wieder zu solchen Ausstellungsfahrten.

Als im August 1997 die 5-wöchige Arbeit ,um ein Haus für einen behinderten Jungen zu bauen, beendet war lobte mich der Chef der Baustelle wundernd, daß ich trotz schwerer körperlicher Arbeit nach 10 Std. tgl. in der Sonne weder schwitzte noch körperlich am Ende war. Dies sind die kleinen Besonderheiten, bei denen ich auftanken konnte und mir Mut für die nächste Arbeit sammelte.

Ich konnte nie sagen, welche Tätigkeit ich die nächsten Tage, die nächsten Wochen haben werde, alles lief so spontan ab, denn es kamen jeden Tag die verschiedensten Leute um mich zu fragen ob ich nicht hier und dort helfen könnte, ob ich nicht von hier nach dort was hinbringen könnte. Vor allem waren es diese Tätigkeiten; helfen wo Not am Mann ist, seien es Umzüge oder Brunnenbauten, Transporte von Ziegen des Ziegenprojektes oder Zement, Ziegelsteinen, Schindeln für das Häuserprojekt. Da ich der einzige war, der es sich zutraute einen Lastwagen mit 20 Tonnen zu lenken und dieser bei solchen Aufgaben sehr gefragt war, hatte ich manchmal recht viele zu tun, aber es machte mir einen großen Spaß mit den Menschen dort zu arbeiten. Ich hatte nie das Gefühl ausgenützt zu werden, wurde immer mit Freundlichkeit und Dankbarkeit reichlich "bezahlt".

Malkarriere

Im Februar 1998 startete ich meine Malkarriere indem ich für 10 Jugendliche in einem Kinderheim einen Malkurs gab.  Die Malkünste eignete ich mir bei einem Malkurs einer Schwester an und ich fand dies eine sehr gute Möglichkeit, Jugendlichen die Malkunst anzueignen um die Zukunft derer zu verbessern die keine Aussicht auf Arbeit haben. Der Malkurs dauerte 3 Tage und von Durchpausen, Vorreisen, Farben mischen bis hin zu Maltechniken wurde alles gelernt. Überrascht hat mich die Ungeschicklichkeit mancher Jugendlicher, die weder gerade Striche beim Durchpausen noch das ausschneiden mit einer Nagelschere beherrschten. Es wurden aber nach einigen Versuchen wunderschöne Tischdecken, Tücher, Tagesdecken hergestellt, die gleich Verkauft werden können.

Häuserprojekt

Das Projekt, das ich für mich  Mein Projekt  genannt habe, weil ich 6 Monate, (September97 bis März 98) fast ausschließlich für dieses Projekt gearbeitet habe, war das Häuserprojekt.

Hier wurden 10 Häuser für Familien erbaut, 10 Häuser, die es den Familien ermöglichen, normal, Menschenwürdig zu leben, denn die alten Häuser wurden mit Holzstecken zusammengeflochten und mit Lehm ausgefüllt.. Bei den kleinsten Regenschauer löste sich der Lehm oder das Dach gab dem geringen Druck nach. Alles wurde Naß und schmutzig , und wer glaubt das wird schon wieder sauber, der täuscht, denn wie soll eine solche Familie, die nicht mal genug Geld zum Essen , geschweige denn für ein besseres Haus habt, Geld für Waschmittel auftreiben. Zu allererst wird das Haus notdürftig zusammengeflickt und gehofft das es beim nächsten Regenschauer standhält. Eine Utopie.

Die genaue Beschreibung dieses Projektes können Sie unter Häuserprojekt erfragen.

Leider wurde dieses Projekt auch zu meinem letzten Projekt und so wurde ich am 11. März 1998 bei der Einweihung der Häuser von Pater Cleides und den Bewohnern der Häuser, die mir schon ans Herz gewachsen sind, verabschiedet.

Ich durfte aber noch viele schöne Erfahrungen im Amazonasgebiet machen, das ich bis 1 Juni erkundete und die Brasilienreise entpuppte sich, abgesehen von vielen Schwierigkeiten, als sehr Lehrreich und ich empfehle jeden der eine Auslandsreise antreten will, sich zu erkundigen um baldmöglichst diese Erfahrung genießen zu dürfen.

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